"Ich wünsche mir, dass wir nicht zusammenbrechen unter diesen Lasten."

Sebastian Krumbiegel zu Gast in Elbe-Elster mit aktuellem Gesprächsstoff und guter Musik

Dreifaches Strahlen im Gesicht: Sebastian Krumbiegel mit zwei Herzberger Fans im September 2017 auf dem Herzberger Gemeindehof.
Dreifaches Strahlen im Gesicht: Sebastian Krumbiegel mit zwei Herzberger Fans im September 2017 auf dem Herzberger Gemeindehof.

Elbe-Elster. Die neue Herzberger Veranstaltungsreihe „Eine Runde Tacheles“ beginnt aus gutem Grund mit dem Sänger, Texter und Frontmann der Prinzen Sebastian Krumbiegel. Denn der Leipziger Musiker steht seit mehr als drei Jahrzehnten für offene Worte und für Haltung. Am Dienstag, dem 20. Februar, ist er auf Einladung der BücherKammer zu Gast im Bürgerzentrum der Kreisstadt. Veranstalterin Stephanie Kammer sprach mit ihm im Vorfeld. 

 

Sebastian, Hose-Runterlassen und Tacheles-Reden, sind kein einfacher Weg, um durchs Leben zu kommen. Wo hast du das gelernt?

 

Sebastian Krumbiegel: Wie so oft im Leben ist es das Elternhaus, das dich prägt: Die Menschen, die schon ganz früh die Weichen stellen für die Art, wie du dich entwickelst. Ich erinnere mich da an meine Omi, die mir eine Story erzählte, an die sie sich oft erinnerte. Als sie neunzehn war, stand sie am 9. November 1938 am Leipziger Zoo. Sie beobachtete, wie Menschen Richtung Bahnhof getrieben wurden. Die normalen Passanten wie sie schauten alle starr in die entgegengesetzte Richtung, als würden sie das Ganze nicht bemerken. Dass meine Omi da weggesehen hat, dafür schäme sie sich, erzählte sie mir.

Das ist einer von vielen Bausteinen, die mir klarmachten, dass ich mich einmischen und hinsehen möchte. 

 

Hast du für deine Offenheit schon mal einen hohen Preis bezahlt?

 

Sebastian Krumbiegel: Eigentlich nicht. Jedenfalls habe ich das so nie empfunden. Natürlich kenne ich die Hetze, die dir entgegenschlägt, wenn der Internet- und Social-Media-Mob auf dich einprügelt. Aber andere Reaktionen bedeuten mir viel mehr. Eine junge Frau beispielsweise, die mir sagte: „Sie haben meine Kindheit schöner gemacht!“. Deshalb rücke ich von offenen Worten nicht ab. Wenn etwas nicht rund läuft, dann muss man denen, die entscheiden, auf die Finger gucken, hinterfragen und Fehler ansprechen. Ich halte nichts von Politiker-Bashing und sinnlosem Schimpfen. Aber kritisch zu sein, ist wichtiger denn je. Man darf sich dabei nicht instrumentalisieren und unterwandern lassen. Darauf müssen alle, die etwas verändern und verbessern wollen, achten. Alle, die das beherzigen, egal wie groß oder klein, müssen wir darin bestärken. Zuspruch und sozial supporten sind da essentiell. So verstehe ich Demokratie und etwas Besseres haben wir bisher nicht.

„Ich halte nichts von Politiker-Bashing und sinnlosem Schimpfen. Aber kritisch zu sein,

ist wichtiger denn je. Man darf sich dabei nicht instrumentalisieren

und unterwandern lassen.

Darauf müssen alle, die etwas verändern und verbessern wollen, achten.“

Sebastian Krumbiegel 

Du engagierst dich gegen rechts. Was geht in dir vor, wenn du siehst, wie die Zustimmung für extreme Positionen zunimmt?

 

Sebastian Krumbiegel: Das ist etwas, das echt an meiner Hoffnung nagt. Ich habe Aufmärsche in Dresden anlässlich des Gedenkens an die Bombardierungen vom 13. Februar 1945 erlebt. Extreme Rechte aus ganz Europa schlugen dort auf, sangen „Deutschland, Deutschland über alles“, brüllten „Heil Hitler“ und „Sieg Heil“, ohne dass eingeschritten worden ist. Solche Nazi-Aufmärsche müssen beispielsweise konsequent blockiert werden. Wir müssen begreifen, wie viel auf dem Spiel steht. Es gibt Konflikte, Krieg in Europa, die Nachwirkungen der Pandemie, endlose Gewaltketten im Nahen Osten. So viel Streit! So viel Krieg! Warum eigentlich. Wir müssen uns um viel Wichtigeres kümmern: um unseren Planeten. Doch dazu kommen wir gar nicht bei all den Krisen.   

 

Mit wem würdest du gern mal Tacheles reden? 

 

Sebastian Krumbiegel: Ich rede mit jedem, der ein Demokrat ist. Mit Holocaust-Leugnern, Hardcore-Nazis und Ideologen unterhalte ich mich nicht. Ich weiß nicht, ob es etwas bringen würde, mit Despoten wie Putin oder Assad zu sprechen. Es ist sicher richtig, das Gespräch zu suchen. Aber der gemeinsame Ausgangspunkt muss immer die beiderseitige Akzeptanz von Gesetz und Demokratie sein. 

 

Was wünschst du dir für 2024? 

 

Sebastian Krumbiegel: Ich wünsche mir, dass es ein Jahr der Zuversicht wird. Dass wir nicht zusammenbrechen unter diesen Lasten. Dass der Mensch sich wieder einkriegt. Dass er sich abwendet von Kriegen und Aufrüstung und sich ein friedliches Miteinander, ein echtes Miteinander-Klarkommen, wieder zum Ziel macht. 

 

Sebastian Krumbiegel, vielen Dank für das gute Gespräch.

 

„Eine Runde Tacheles“ mit Sebastian Krumbiegel I Bürgerzentrum Herzberg I 20.02.24 I 19 Uhr I

Eintritt 20 Euro I Karten in der BücherKammer (03535/248779) 

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