„Geld ist alles“

Sommertheater im historischen Stadtkern bringt Bühnenfreude in Herzbergs Botanischen Garten

"Tand, Tand ist das Gebild von Menschenhand" - Das theater 89 präsentierte professionelles Schauspiel vor der einzigartigen Kulisse der Villa Marx (Fotos: Stephanie Kammer)
"Tand, Tand ist das Gebild von Menschenhand" - Das theater 89 präsentierte professionelles Schauspiel vor der einzigartigen Kulisse der Villa Marx (Fotos: Stephanie Kammer)

Herzberg. Seit zehn Jahren bringt das theater 89 Bühnenstücke vor besonderer Kulisse zur Aufführung. Stadtmauern, Fachwerk, Jugendstilvillen oder Schlossanlagen bilden das Umfeld, in dem diese besondere Form der Bühnenkunst gezeigt wird. Das war auch am Freitagabend in Herzberg das Anliegen der einladenden Arbeitsgemeinschaft Städte mit historischen Stadtkernen. Denn dort gab es Freiluft- Bühnenfreuden im Botanischen Garten zu sehen. Passend zum Brandenburgischen Jahresthema Industriekultur drehte sich vieles ums liebe Geld. Aber auch Revolution, Armut, Knauserei und Liebe wurden in poetischen Salven dem Publikum in dem gut dreistündigen Programm singend oder spielend serviert. Ein anspruchsvoller Abend vor fröhlichem Publikum nahm seinen Lauf.

Das Ensemblespiel verlangte seinen Zuhörern einiges ab. Wer zum Samstagabend seichte Unterhaltung erwartet hatte, wurde enttäuscht. Denn die ausdrucksstarken Dialoge des ersten Teils, der aus den „Humoristischen Skizzen aus dem deutschen Handelsleben“ von Georg Weerth bestand, hatten es in sich. Geschäftsmann Preis, eine knausrige Krämerseele, plagte sich und alle anderen mit Geldnöten der anderen Art. Was tun mit all dem Zaster, wenn man nicht weiß, wohin damit? Dem gegenüber standen die Sorgen des kinderreichen trinkfreudigen Buchhalters, dessen Mimik und Gestenspiel witzig und auflockernd wirkte. Gleiches galt für die Erzählerrolle. Starkes Schauspiel trotz inhaltlich schwerer Kost. Obwohl die Handlung im 19. Jahrhundert spiele, machten unzählige Parallelen zur Gegenwart den Inhalt des Stückes brandaktuell. Zukunftsängste, Technikskepsis, Veränderungsdruck - all das fand sich schön gekleidet in poetischer Sprache vergangener Zeiten überzeugend inszeniert wieder. 

Im zweiten Teil des Theaterabends folgte ein Potpourri aus Gedichten und Liedern des 19. Jahrhunderts. Von den Schlesischen Webern, über John Maynard bis hin zum Hungerlied trugen die Schauspieler stark, emotional und überraschend vor, was Menschen in Zeiten der Industrialisierung erlebten, was sie berührte und nicht selten zerbrach. Begleitet wurden sie schlicht und schön an der Gitarre. Mit Sonnenuntergang, Stechmückentanz und einem fröhlichen Publikum schloss dieser besondere Theaterabend in Herzbergs grüner Oase.

Möglich gemacht haben ihn alle Mitwirkenden: Männergesangsverein, Kulturamt und das Theaterensemble um Bartozs Borula, Christian Schaefer, Kristin Schulze, Reinhard Scheunemann und André Zimmermann. Nach dem monatelangen Schweigen des Kulturbetriebes war das Sommertheater ein echtes Bühnen-Praliné, an dem Zuschauer und Akteure viel Vergnügen hatten.

DANKE für dieses Kulturerlebnis! 

Stephanie Kammer