Menschen, die voran gehen und neue Welten aufschließen

BücherKammer Adventskalender Nr. 8 I


Schüler am Lagerfeuer - Der Herzberger Heimatforscher Helmut Knuppe ging oft mit Schülern auf Entdeckungsreise, auch ins Oelsiger Luch.
Schüler am Lagerfeuer - Der Herzberger Heimatforscher Helmut Knuppe ging oft mit Schülern auf Entdeckungsreise, auch ins Oelsiger Luch.

Alte Freundschaft. Wie eine kostbare chinesische Porzellanvase hüte ich meine Erinnerung an eine ganz besondere Entdeckungsreise. Es ist sechs sieben Jahre her. Mit meinem Freund und damaligen Theaterkollegen Steffen Modrach durchstreifte ich das Oelsiger Luch, das mystische Hochmoor hinter unseren Gartentüren. Wir bewegten uns mit großer Vorsicht. Steffen, den ich Viktor nannte, kannte hier jeden Grashalm und jedes Sumpfloch. Sein Wissen war übergroß und absolut wasserfest, im Gegensatz zu meinem Schuhwerk. Das spielte aber keine Rolle. Er führte fachmännisch. Mich faszinierte, wie viel Sensibilität er für jedes Geschöpf der Natur aufbrachte, während er mit den Menschen haderte und an ihnen litt. 

 

Ich fragte unzählige Male, ob der Boden unter meinen Füßen hier wirklich fest sei. Er sagte: "Ja“. Etwas später dann: "Knie dich mal hin und greif tief in den Grund hier neben dir hinein. Dort geht es ab.“ Gesagt. Getan. Mein Arm versank bis zur Schulter in einer morastig-krautigen Suppe. Das war ein Gefühl wie beim Ausnehmen einer Ente, wenn man die Hand in den Körper gräbt, um die Innereien und Gedärme herauszulösen. Warm und glitschig. Ich strahlte und fühlte wieder das Kind in mir. Ich spürte, das war etwas Großes. Eine Art Märchenwelt. Die mit dem richtigen Geheimwissen im Gepäck keine Gefahren, sondern Zauber in sich birgt. Die am Schluss mit einem Happy End winkt. Für diesen Tag war es so. Ich war glücklich. Ich lebte seit gut 30 Jahren hier und hatte diese Welt nie gesehen, obwohl sie doch da war. Dafür war und bin ich Steffen Modrach dankbar. Inzwischen sind es allein die Erinnerungen, die mich mit ihm verbinden. Meine Rauchzeichen in seine Himmelsrichtung gehen ins Leere. Und dennoch trage ich den Stänkerpoeten und Lehrersohn im Herzen. Er war für mich ganz oft Lehrer, jemand der voran geht und neue Welten aufschließt.

 

Die kleine Fotoserie stammt vom Lehrer und Heimatfreund Helmut Knuppe, der mit seinen Schülern oft in freier Natur unterwegs war. Diese Aufnahmen entstanden in seiner Zeit als Junglehrer im Schliebener Land. Auch er besuchte das Oelsiger Luch mit Kindern und Jugendlichen. Seine innere Verbundenheit zur Region war echt, und er gab sie an viele Schülergenerationen weiter. Diese Art Begeisterung ist selten geworden. Und kostbar. Wie chinesische Vasen aus feinstem Porzellan.

Stephanie Kammer 

 

Erkennt ihr jemanden auf den Fotos von Helmut Knuppe? Wir würden uns sehr freuen, wenn ihr uns mit eurem Wissen helft.

 

buecherkammer@t-online.de