Nathan im Soundgewitter dreht Menschlichkeit bis zum Anschlag auf

Bridge Markland schleudert Lessings Klassiker in die Gegenwart – wild, witzig, wuchtig


Elbe-Elster/ Puppentheaterfestival. Auf dem Theaterboden der BücherKammer tobte ein Sturm. Bridge Markland fegte über die Bühne, riss Lessings Nathan der Weise aus dem 18. Jahrhundert ins Heute. Dreißig Menschen hielten den Atem an, lachten, stolperten innerlich, ließen sich mitreißen. Musik krachte, Songs schnitten die Parabel auf, Ironie sprengte die Schwere. Provokation griff ins Herz. Toleranz wurde nicht gepredigt, sondern zerlegt, geschüttelt, neu zusammengesetzt.

 

In einer Welt, die gerade brennt vor Kriegen, Hass und Abschottung, traf diese Inszenierung mitten ins Mark: Menschlichkeit zählt! Nicht das Etikett des Glaubens oder der Ideologie, sondern das Handeln des Einzelnen.

Gitarrensounds zupften an Nerven, Bässe hämmerten in den Magen, Pop und Rock durchschnitten Lessings Verse wie grelle Blitze. Bridge Markland mixte Phil Collins mit Rammstein, Beyoncé mit Black Sabbath, ließ Bob Marley neben den Scorpions singen. Diese Klanglawine kommentierte, parodierte, stellte bloß. Saitenhiebe trafen nicht nur die Figuren, sondern auch Institutionen: die Kirche, ihre Moral, ihre dunklen Verfehlungen. Ein „Jesus Christ Superstar“-Echo klang wie ein Seitenhieb, ein Schlager kippt ins Groteske, wenn Heuchelei und Machtspiel aufblitzen. So wird Musik zur Waffe, zur Brücke, zum Spiegel. Sie trägt die Botschaft weiter: Kein Dogma schützt vor Kritik, kein Gewand vor der Frage nach Menschlichkeit.

 

Nathan in the Box zeigte: Menschlichkeit kann krachen wie ein Rocksong

 

Herzlichen Dank für dieses Erlebnis der besonderen Art – ein Abend, der nicht nur Theaterkenner, sondern auch junge Menschen erreicht. Dank an den Landkreis, insbesondere an das Kulturamt mit Susanne Wegner als Strippenzieherin des Festivals, an Stefan Maatz als Kurator der Event-Reihe, an die Akteurin Bridge Markland – und an Elbe-Elster, das Figurentheater zu einem wilden Bildungserlebnis macht.

Hier werden Klassiker entstaubt und wirkungsmächtig inszeniert, sodass sie auch im TikTok-Zeitalter ihre Kraft entfalten. Sechzig Veranstaltungen in zehn Tagen für hunderttausend Elbe-Elster-Kulturisten und Theatralos: Das ist gelebte Inspiration, das ist Traditionspflege im Remix. Nathan in the Box hat eindrucksvoll gezeigt, dass Appelle an die Menschlichkeit richtig reinhauen können.

 

Stephanie Kammer (Text & Fotos)