Fragenhagel, Investorenflirt und McDonald’s im Anflug

Ein Klartext-Abend mit Bürgermeister Karsten Eule-Prütz in der Fettpemme


100 Fragen im Gepäck, 2 + X Finger auf ihn gerichtet und 1 Bürgermeister, der durchgehalten hat.
100 Fragen im Gepäck, 2 + X Finger auf ihn gerichtet und 1 Bürgermeister, der durchgehalten hat.

HERZBERG / FETTPEMME. In unserer vorletzten Fraktionssitzung von HerzbergZählt wurde es zwischen den Zeilen deutlich: Wir müssen dringend mal wieder intensiver mit unserem Bürgermeister Karsten Eule-Prütz ins Gespräch kommen. Klar, wir begegnen uns oft informell – Herzberg ist schließlich klein und überschaubar – aber manchmal braucht es eben diesen konzentrierten Blick auf die großen Themen unserer Stadt. Und den nehmen wir uns. Mindestens zweimal im Jahr.

Wir alle – egal ob Abgeordnete oder Mitglieder unserer Wählergruppe – jonglieren Job, Familie und Ehrenamt. Und trotzdem (oder gerade deshalb) ist es wichtig, bewusst innezuhalten, zu fragen, nachzuhaken. Denn Herzberg ist nicht irgendein Ort – es ist unser Lebensmittelpunkt.

 

100 Fragen, kleine Ohnmacht und dann Klartext

 

Zu meiner Freude hat das auch HerzbergZählt so gesehen. Und noch mehr: Unser Bürgermeister hat sich einen Abend Zeit genommen. Ich – hoffnungslose Vielschreiberin und Vorbereitungsfanatikerin – kam natürlich nicht mit leeren Händen, sondern mit einem Fragenkatalog. 100 Fragen. Kein Witz. Karsten fiel fast vom Stuhl. Meine Mitstreiter auch. Aber ich dachte nur: Je mehr Substanz, desto weniger Raum für Geplänkel und Kleinstadtschnurren.

Eine meiner ersten Frage war poetisch: „Was bringt dich als Bürgermeister eigentlich zum Lächeln?“ – „Unendlich lange Fragenkataloge“, grinste Karsten, der gestand, beim ersten Draufschauen fast nach hinten umgefallen zu sein. Und dann legte er los.

 

Es ging gleich rein ins Geschehen: Rückblick auf die Offene Anker-Bühne, der Tag der Wirtschaft, ein Unternehmertreff mit über 100 Gästen. Viel Austausch, entspannte „Biergartenatmosphäre“ und echte Gespräche. Das sind die Orte, wo Herzberg lebendig ist. Und wo man einfach mal dabei sein sollte, wenn man was bewegen will.

Puh! 1000 Arbeitskräfte weniger

 

Doch dann wurde es ernst: In den nächsten zehn Jahren gehen ein Drittel der Herzberger Erwerbstätigen in Rente. Tausend Menschen. Tausend!

 

Das wird uns richtig treffen, wenn wir nicht mutig gegensteuern.

 

Wir müssen uns attraktiver machen – für Familien, für Fachkräfte, für die, die (zurück)kommen wollen. Löhne, Lebensqualität, Kultur, Kinderfreundlichkeit – da wurde schon viel gemacht, aber das reicht nicht. Längst noch nicht.

 

Wirtschaft mit Herz und ohne Hochglanz

 

 

Und dann sprachen wir über Wirtschaft. Was bedeutet überhaupt „Wirtschaftspolitik“ in einer Kleinstadt wie Herzberg – mit viel Charme, aber ohne Industrie-Bizeps? Karsten erzählte, wie er sich die Hacken abgelaufen hat, um mit der Bundeswehr und zuliefernden Unternehmen ins Gespräch zu kommen. Und wie das funktioniert hat? Mit Freundlichkeit, Hartnäckigkeit – und einem Flyer auf dem Handy, selbstgebastelt, aber echt. Kein Hochglanz. Dafür Herz. Weil das Geld für Prospekte woanders gebraucht wird: Schwimmbad, Tierpark, Mediathek.

Ich fand das beeindruckend. Wenn Investoren spüren, dass hier Menschen für ihre Stadt brennen, dass sich jemand wirklich für sie bewegt – dann kann das funktionieren. Karsten, SVV-Vorsitzender Jens Ott (HerzbergZählt - was klar ist) und einige aus dem Verwaltungsteam haben hier offenbar richtig gute Arbeit geleistet. Vielleicht sagen wir da zu selten: Danke! Ist eben auch nicht gerade so krass angesagt. 

 

Weniger Fragensprint, mehr Gedankenmarathon

 

Und es tut sich was! Im August beginnt McDonald's zu bauen. In Alt-Herzberg steht ein Investorenteam in den Startlöchern, das das alte Gourmet-Gelände entwickeln möchte – eine traurige Immobilie, die endlich aufwachen darf. Vielleicht ein neuer Leuchtturm im Osten der Stadt?

Am Ende des Abends hatten wir keine 100 Antworten, dafür 20 besprochene Fragen, 3 neue Ideen, 1 Bürgermeister, der mitgedacht hat und 0 Zweifel, dass es sich gelohnt hat. Denn manchmal reichen ein paar ehrliche Fragen, ein offenes Gespräch und ein Abend voller Klartext, um zu merken, warum wir das hier machen. Für Herzberg. Mit Power und Feuer unterm Hintern.

 

Ich geh jedenfalls mit einem richtig guten Gefühl aus dem Abend. Lebendig, ehrlich, konkret – und er hat uns gezeigt, wie wichtig echter Austausch ist.

Stephanie Kammer