Eindrücke von einem Gesprächsabend mit Ursula Nonnemacher im Herzberger Bürgerzentrum

Ich bin keine Gesundheitsexpertin. Ich bin Buchhändlerin, Mutter, Verlegerin, Kreistagsabgeordnete – und Bürgerin in Elbe-Elster. Meine politische Tätigkeit ist keine Liebesheirat, sondern eine Vernunftehe: Wenn man in schwierigen Zeiten nicht nur Kritik üben, sondern auch Verantwortung übernehmen will, muss man sich selbst einbringen.
So kam es, dass ich am Dienstagabend die Moderation eines Gesprächsabends zur Krankenhausreform übernahm – mit der früheren brandenburgischen Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher als Gesprächspartnerin. Eingeladen hatte die Stadt Herzberg.
Ein Abend der Klarheit. Und auch der Emotion.
Nonnemacher, selbst Internistin, kennt nicht nur Berlin und Potsdam, sondern auch Herzberg, Elsterwerda und Finsterwalde. Sie besuchte mehrfach das Klinikum – und sie kennt die Sorgen der Menschen. Mit tiefgründigem Wissen, aber ohne technokratische Sprache, erklärte sie die aktuelle Gesetzeslage: das neue Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG), den Fachkräftemangel, den finanziellen Druck, die demografische Welle, die auf uns zurollt – und den daraus entstehenden Handlungsdruck. 80 Interessierte hörten zu, stellten Fragen, suchten Orientierung.
Es wurde deutlich: Das Elbe-Elster-Klinikum steht vor einer Zäsur. Drei kleine Standorte – einst stark, jetzt strukturell überfordert. Die Zahl der Behandlungen sinkt. Ein Drittel der Belegschaft steht vor dem Ruhestand. Die Finanzierung ändert sich. Die neue Gesetzgebung fordert Mindeststandards und Leistungsgruppen – viele davon kann das Klinikum heute nicht mehr erfüllen.
Die Lage ist ernst. Aber nicht hoffnungslos.
Denn mit dem geplanten Zentralklinikum und einer Umwandlung der bisherigen Häuser in moderne Gesundheitszentren wäre ein zukunftsfähiger Weg möglich. Dafür gibt es – einmalig – Mittel aus dem Transformationsfonds. Doch diese sind an klare Bedingungen geknüpft: Wer am Status quo festhält, geht leer aus. Und gefährdet damit nicht nur Fördermittel, sondern die medizinische Versorgung insgesamt.
Ich verstehe, dass viele Menschen skeptisch sind. Wenn sich vor der eigenen Haustür etwas ändert – gerade bei einem so sensiblen Thema wie Gesundheit – ist das beunruhigend. Aber wir sollten uns nicht mit Versprechungen in falscher Sicherheit wiegen lassen. „Wohnortnah“ ist kein Selbstwert, wenn es an Qualität, Personal und Stabilität fehlt. Nicht alles, was nah ist, ist noch sicher. Nicht alles, was gewohnt ist, ist noch gut.
Reform ist kein Abbau. Sondern der Versuch, rechtzeitig zu steuern – bevor uns das System entgleitet.
Das zeigte sich auch in der Fragerunde: Was passiert, wenn das Zentralklinikum wirklich kommt? Wie lange dauert das? Was geschieht mit den jetzigen Häusern? Die Antworten zeigten: Die Richtung ist klar – aber auch der Weg dorthin braucht Unterstützung, Geduld und Vertrauen.
Vertrauen – das ist vielleicht das wichtigste Wort dieses Abends.
Und die stärkste Stimme, die für Vertrauen steht, kam nicht aus der Politik, sondern vom Betriebsrat des Klinikums. In einem offenen Appell schrieb er:
„Wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brauchen Sicherheit – für uns, unsere Arbeitsplätze und für unsere Gesundheitsversorgung.“
Das ist kein Alarmismus. Das ist gelebte Realität von über 1000 Menschen, die das Klinikum Tag für Tag am Laufen halten – in schwierigen Umständen, mit viel Herz und Professionalität. Wer, wenn nicht sie, weiß, wie ernst die Lage wirklich ist?
Darum werde ich am Montag im Kreistag gegen einen Planungsstopp für das Zentralklinikum stimmen. Die Beschlussvorlage der Freien Wähler ignoriert die Rechtslage, den Fachkräftemangel, die Wirtschaftlichkeit – und die Stimme des Klinikpersonals.
Ich nehme Kritik ernst – aber ich frage auch, wer sie äußert und mit welchem Ziel. Wenn eine „Initiative zur Klinikrettung“ von einem privaten Gesundheitsunternehmer geführt wird, der Mitbewerber des Klinikums ist, um Medizinpersonal konkurriert und konkrete eigene Wirtschaftsinteressen verfolgt, dann sollten wir das genauso einordnen. Wer wirklich retten will, sollte mit Konzepten kommen. Nicht mit inszenierten Skandalen und persönlichen Angriffen.
Gesundheit ist ein hohes Gut. Aber sie beginnt nicht erst im Krankenhausbett.
Sie beginnt in der Familie, bei der Prävention, im sozialen Zusammenhalt – und in einer ehrlichen politischen Kultur, die nicht nur Probleme benennt, sondern Wege sucht.
Ich bin eine von vielen in diesem Landkreis. Ich bin Tochter, Mutter, Bürgerin. Ich weiß, wie weh es tun kann, Gewohntes loszulassen. Aber wenn schon das Wasser durch die Ritzen des Bootes dringt, dann muss gerudert werden – zügig nach vorn, nicht zurück. Und wer das Wasser komplett ignoriert, wird untergehen.
Stephanie Kammer
P.S. Superdickes Dankeschön an Thorsten Altmann (Bündnis 90/ Die Grünen), der sich als Ideengeber und Mitorganisator dieser städtischen Veranstaltung einbrachte. HerzbergZählt kümmerte sich aufopferungsvoll um den Flüssigkeitshaushalt der Anwesenden - auch dafür eine kleine Umarmung.
Die Fotos lieferte Stefan Kaatz von der Initiative Herzberg, die dem Klinikum und Team mit Aufklärung und guten Geschichten stets zur Seite steht.